Djenabou Diallo Hartmann: Rede zum migrationspoltischen Antrag der AfD
TOP 13 „Illegale Migration eindämmen - Rückführungszentren einrichten, Rechts- und Sozialstaat schützen!“ (Antrag AfD)
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,
die aktuelle kriegs- und erdbebenbedingte Situation zeigt uns wieder einmal, wie eng die Menschen und Staaten auf dieser Erde miteinander verbunden sind. In guten Zeiten wird das schnell vergessen. Leicht erliegt man dann der Illusion, der eigene Wohlstand sei ausschließlich Ergebnis eigener harter Arbeit. Faktoren wie die ungleiche Verteilung von Ressourcen, geschichtliche - insbesondere kolonialgeschichtliche - Begebenheiten, Kriege, Unterdrückung, Übervorteilung in Handelsbeziehungen, staatliche Subventionen oder einfach nur Glück geraten als Wohlstandsursachen aus dem Blickfeld.
Katastrophen und Kriege zeigen uns dann wieder die gegenseitigen Abhängigkeiten und Verknüpfungen auf, ohne die unsere moderne Welt nicht denkbar wäre. Niemand kann sich auf Dauer isolieren und ohne Handel, Austausch, Hilfe oder menschliche Nähe bestehen. Ein afrikanisches Sprichwort besagt: „Willst Du schnell gehen, dann geh allein; willst Du weit gehen, dann geh gemeinsam mit anderen.“ Auch Deutschland wurde in den letzten Jahren daran erinnert, wie zerbrechlich unsere Gesundheit, unser Frieden, unsere Energieversorgung und unser Wohlstand sind und wie schwierig es wäre, auf sich allein gestellt auskommen zu müssen.
Deshalb wollen wir die Menschen, die zu uns kommen, willkommen heißen, Rahmbedingungen für sie schaffen und verhindern, sie mit Ablehnung und Vorurteilen vor den Kopf zu stoßen oder anstelle bürokratischer Hürden auf schnelle Unterstützung setzen.
Deswegen muss ein Augenmerk dem Arbeitsmarkt gelten. Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit sagte am 19. Februar, dass gut ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, die Geflüchteten den deutschen Arbeitsmarkt spürbar entlastet haben. Sie trügen zur Bekämpfung des Personalmangels in der Wirtschaft bei. Man habe auch von der vergangenen Geflüchtetenpolitik in den Jahren 2014 bis 2016 gelernt. Es sei gelungen, rund die Hälfte der Menschen nach sechs Jahren in Beschäftigung zu haben. Jetzt können wir durch verbesserte Verfahren und zielgenauere Vermittlungen einen noch höheren Anteil in Jobs bringen.
Deshalb gilt es nun, das auf Bundesebene beschlossenes Chancen-Aufenthaltsrecht zur Geltung zu bringen. Mehr Bleiberechte sowie längere Fristen bei Duldungen und Aufenthaltserlaubnissen würden nicht nur den Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch den überlasteten Ausländerbehörden helfen. Unsere rot-grüne Koalition will deshalb das Projekt „Wege ins Bleiberecht“ zur landesweiten Praxis machen.
Um Teilhabe und Integration voran zu bringen, wollen wir ein Teilhabegesetz schaffen. Denn wer partizipiert, identifiziert sich viel stärker mit der Gemeinschaft und bringt sich auch besser und engagierter ein. Weitere Bausteine sind ein Landesantidiskriminierungsgesetz und ein Landesaktionsplan gegen Rassismus. Beide werden wir zeitnah angehen und damit unser Land vielfältiger aufstellen.
Einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft leisten zudem die Migrationsberatungen in Niedersachsen. Die Finanzierung der Migrationsstrukturen wollen wir deshalb unbedingt verstetigen und dauerhaft absichern.
Abschließend bitte ich Sie herzlich: Bedenken Sie, dass Aufnahme und Solidarität auf Gegenseitigkeit beruhen. Wer heute stark ist, ist das manchmal nur, weil einem gestern geholfen wurde, und kann schon morgen wieder auf Hilfe angewiesen sein. Schnell können auch wir in Deutschland und Niedersachsen einmal hilfebedürftig werden. Es wäre nicht das erste Mal. Das haben uns die Geschichte und aktuell wieder der Krieg in der Ukraine gelehrt.
Und vergessen wir bitte nicht: Wohlstand hinter Mauern ist wenig wert und wird auf Dauer nicht bestehen. Und wer zu uns kommt, um am Wohlstand teilzuhaben und bereit ist dafür zu arbeiten, muss spüren, dass sich das lohnt und dass dieses Engagement willkommen ist. Denn das motiviert, aber Arbeitsverbote nicht.
Und - an alle, die das immer noch nicht realisieren, unser Niedersachsen ist ein Einwanderungsland. Und das ist auch gut so. Menschen die zu uns nach Niedersachsen kommen, können sich darauf verlassen, dass diese rot-grüne Koalition sich um ihre gleichberechtigte Teilhabe kümmern wird. Einer Politik der Ausgrenzung und Menschenverachtung werden wir immer entschieden entgegentreten.